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Montag, 27. Januar 2003 (Holocaust-Gedenktag)

Musikalisch-literarische Reise in eine unbekannte Welt

Holocaust-Gedenktag: Düsseldorfer Ensemble erinnert in Gerolstein an Morde an Sinti und Roma während der Nazi-Zeit

GEROLSTEIN. (ib) Erinnern und sensibilisieren wollte der Aktionskreis gegen rechte Gewalt mit einem Theaterabend in Gerolstein: Erinnern an den Holocaust-Gedenktag, den 27. Januar 1945, als das KZ Auschwitz befreit wurde; und sensibilisieren dafür, dass es immer noch Rassenhass gibt, und neben den Juden auch die Sinti und Roma unter dem Nazi-Regime großes Leid erfahren haben.

 

Die Veranstaltung lockte gut und gerne 200 Gäste in die Gerolsteiner Stadthalle ­ und das wohl nicht nur, weil kein Eintritt erhoben wurde. Das hatte sogar die Erwartungen des Aktionskreises gegen rechte Gewalt übertroffen, der zu dem Literatur- und Musikabend mit dem Roma-Theater "Pralipe" in die Brunnenstadt eingeladen hatte.

Dieses erste Roma-Theater Europas, das 1971 gegründet wurde, erntete unter seinem Gründer und Regisseur Rahim Burhan angesehene Theaterpreise, spielte auf internationalen Festivals und ist inzwischen in mehr als 100 Städten erfolgreich aufgetreten, nun auch in Gerolstein.

Ziel der Veranstaltung war es, auf das Leid der Sinti und Roma aufmerksam machen, die seit ihrer Vertreibung aus Indien vor tausend Jahren keinen festen Platz auf dieser Welt gefunden haben. Schätzungen von Historikern gemäß sollen rund 500 000 Sinti und Roma dem nationalsozialistischen Rassenwahn zum Opfer gefallen sein.

"Sinti und Roma sind bislang immer zu kurz gekommen und werden auch heute noch gesellschaftlich diskriminiert ­ wir wollen Begegnungen schaffen und Misstrauen abbauen", sagte Klaus Heller vom Aktionskreis gegen rechte Gewalt. Der wurde im September 2000 mit dem Ziel gegründet, das kritische Nachdenken über Rassismus und Rechtsextremismus zu fördern und über Möglichkeiten zu diskutieren, wie der zunehmenden Intoleranz und Gewalt gegenüber Fremden und Andersdenkenden Einhalt geboten werden kann.

Mit dem Stück "Khamaro auf dem Weg der Sonne" brachte die Theatertruppe musikalisch und literarisch die Thematik Leid und Hoffnungslosigkeit bis hin zum oft sinnlosen Tod ihrer Mitbrüder auf die Bühne und vor Augen und Ohren des Publikums.

Bewusst wählten die Künstler ­ teilweise mit Übersetzungen ­ die Sprache der Betroffenen, das Romanes, um das Leid besser ausdrücken zu können.

Zeit zum Nachdenken und Mitgehen

Sprechvorträge untermalt von Zigeunerklängen brachten den Zuschauer zum Überlegen und Mitfühlen in dieser anderen Kultur. Aber auch temperamentvolle, mitreißende und durchaus bekannte Zigeunermusik regten zum rhythmischen Mitgehen an.

Einfach Zeit zum Nachdenken umrahmt von professioneller Unterhaltung. Und wohl für manch einen auch Anlass, sich der Materie intensiver zu widmen und mehr Informationen zu suchen. Entsprechendes Buchmaterial bot die Düsseldorfer Theatergruppe zum Kauf an.

Trierischer Volksfreund, 29. 2. 2003


Khamoro, Roma-Theater im Gerolsteiner Rondell

Die Wege einer kulturellen Reise des Roma-Volkes

Gerolstein (B:E) Am 27.01.1945 fand die Befreiung des KZ's Auschwitz durch die Befreiungsarmeen statt. Dort sind nicht nur Menschen jüdischen Glaubens gefoltert und getötet worden, sondern auch andere Volksgruppen - was allgemein weniger im Bewusstsein der Menschen verankert ist - wie die Sinti und Roma, die auch landläufig unter dem Oberbegriff „Zigeuner" bekannt sind. Auch sie waren durch Himmlers Rassengesetze der Verfolgung und Vernichtung ausgesetzt. Zum Gedenken an den Befreiungstag vor 58 Jahren hatte sich die Düsseldorfer Roma-TheatergruppePralipe" (d.h. Brüderlichkeit und Freundschaft) das Ziel gesetzt, durch den öffentlichen Auftritt dem Vergessen entgegen zu wirken. Gerolstein hatte das Glück, die weithin bekannte Gruppe „Pralipe" im Rondell erleben zu dürfen. Frau Karoli, als Sprecherin des Aktionskreises gegen rechte Gewalt, begrüßte die Zuhörer und gab ihrer Freude Ausdruck, diese Theatergruppe an diesem besonderen Tag in Gerolstein auftreten zu sehen. Unterstützung fand diese Aktion durch die Stadt Gerolstein, durch den Kreis Daun und durch das Land Rheinland-Pfalz. Stadtbürgermeister Georg Linnerth und Landrat Heinz Onnertz erinnerten an die Bedeutung des jetzigen Gedenktages und dankten der Initiative des „Aktionskreises gegen rechte Gewalt" für seine Arbeit, indem sie betonten: Erinnern, Trauern, Abwehren seien zur Aufarbeitung der Vergangenheit notwendig, aber auch Freude und Frohsinn zu verbreiten, sei Anliegen der Roma-Theater-Gruppe.

Das Roma-Theater „Pralipe" besteht seit über 30 Jahren mit Sitz zunächst in Skopje (Mazedonien) und seit 12 Jahren mit Sitz in Düsseldorf. Seine Mitglieder setzen sich zusammen aus 12 festangestellten Akteuren aus sieben Nationen und fünf Religionsgemeinschaften und zusätzlich vielen Gästen. Der Geschäftsführer Michael Krone machte deutlich, dass es Anliegen des Ensembles sei, an die Leiden der Sinti und Roma in der Nazizeit zu erinnern, aber auch daran, dass diese Volksgruppen vorüber 1000 Jahren aus Indien über Arabien, dem Balkan bis zum Baltikum und nach Spanien sowie auch nach Deutschland gezogen seien, und sie auf den Stationen dieses Weges jeweils ihre Kultur hinterlassen haben. Hierbei kann man sich getrost Gedanken machen, wer die ersten „Europäer" sind.

Der Abend begann mit Gedichten über göttliches Wirken von Rhama, Wishnu und Shiwa mit z.T. sehr irdischen Freuden, einem glücklichen Herzen, einer verlorenen Welt und Gedanken zum „Ring" Nathans des Weisen. Getragene Mandolinen- bzw. Gitarrenklänge begleiteten die Lieder und Gesänge, die abwechselnd auf Deutsch und auf Romanes vorgetragen wurden. Die Musikgruppe bestand aus einem Schlagzeuger (ein mazedonischer Roma), einem Akkordeonspieler (einem serbischen Zigeuner), einem Gitarristen, einem Geiger (beides deutsche Roma) und dem Hauptakteur Mustafa, der als Sänger und Schauspieler mitreißendes Temperament versprühte.

Der Abend wurde fortgesetzt mit typischen lebhaften und fröhlichen Gesängen, begleitet von Stepp-Tanzeinlagen, feurigen Bewegungen und Rhythmen, die sowohl an russische Kosakenmusik, arabische Klangfarben als auch an spanische Flamenco-Musik denken lassen konnten. Der Steh-Geiger spielte mit Feuer und Wehmut allseits bekannte Zigeunerweisen. Das zahlreiche Publikum ging begeistert mit, klatschte emphatisch und forderte eine Zugabe. So getragen der Abend begann, um so temperamentvoller und übermütiger endete er mit enthusiastischem Applaus.

 
Eifel-Zeitung 7. KW/2003