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Ausstellung
"Das Schicksal der Gerolsteiner Juden
(in der Gerolsteiner Volksbank)

Presseberichte über die Ausstellungseröffnung am 27. Januar 2001


Als Julius Levy beim SV wirbelte
Ausstellung über das Schicksal Gerolsteiner Juden in der Volksbank Gerolstein

  Von unserem Mitarbeiter
ERWIN SCHÖNING

GEROLSTEIN. Eine Ausstellung über das Schicksal der Gerolsteiner Juden, veranstaltet vom „Aktionskreis gegen rechte Gewalt", ist noch bis zum 10. Februar in der Volksbank in Gerolstein zu sehen.

Christa Karoli vom Aktionskreis begrüßte zur Ausstellungseröffnung die vielen Gäste und richtete an Hausherr Rainer Berlingen Dank dafür, dass er die Räume zur Verfügung stellt. Untermalt wurde die Veranstaltung mit jüdischen Liedern durch die Flötistin Jutta Höhn. Judith Kuhl sprach Texte aus "Der gelbe Stern" von G. Schoenberner.

Stadtbürgermeister Georg Linnerth erinnerte an den 56. Jahrestag der Befreiung des Lagers Auschwitz. Der ehemalige Bundespräsident Roman Herzog habe 1996 diesen Tag als Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus erklärt. Linnerth zitierte aus der Rede von damals: "Es geht darum, aus der Erinnerung Verantwortung weiter zu geben, und durch diese Verantwortung jeder Gefahr der Wiederholung entgegen zu wirken... " Und er fand auch eigenen Worte: "Brandanschläge, Morde und Verbrechen gegen Ausländer und Behinderte in der heutigen Zeit zeigen deutlich, wie schnell auf Parolen und Stimmungen Kriminalität und Verbrechen entstehen können!" Jeder, so der Stadtbürgermeister, sei aufgefordert, auf die heute auftretenden Tendenzen von Antisemitismus, Intoleranz und Menschenverachtung mit Entschiedenheit zu reagieren. Doch ein Gedenktag solle auch dazu anregen, sich mit der Vergangenheit zu befassen und sich um eine bessere Zukunft zu bemühen. Die Ausstellung mit Bildern vom Gerolsteiner Fotografen Fredy Lange mit den Texten von Christoph Stehr gibt Einblick in die jüdische Gemeinde in Gerolstein vor 1933, als in Gerolstein 52 Mitbürger jüdischen Glaubens wohnten.

Fester Platz in der
Gerolsteiner Gesellschaft

Die jüdischen Bürger hatten ihren festen Platz in der Gerolsteiner Gesellschaft. In jedem Verein waren sie vertreten, in der Feuerwehr und im Kriegerverein, im Verein für Handel und Gewerbe, im Verschönerungsverein und im Kegelclub. Zum Beispiel Julius Levy, der im SV 1919 Gerolstein Fußball spielte und über Jahre schnellster Sprinter im Kreis Daun war. Oder Fritz Mansbach, der 1929 als Karnevalsprinz regierte.

Ein Zeichen dafür, dass Juden, Katholiken und Protestanten in Gerolstein harmonisierten, ist, dass alle drei Konfessionen dem Pastor Hubert Rader für seine religiöse Mittlerrolle dankten: Zu seinem Silbernen Priesterjubiläum 1928 richtete sie ihm gemeinsam ein Esszimmer ein. Dokumentiert ist aber auch, dass nach der Machtübernahme SS- und SA-Angehörige in Gerolstein erheblichen Druck auf die jüdischen Mitmenschen ausübten. Und während sich die Mehrheit der Gerolsteiner Bevölkerung passiv verhielt, gab es auch Bürger - das ist belegt -, die im Geheimen halfen. So schenkten einige jüdischen Mitbürgern Lebensmittelkarten.

Staatsminister Dr. Alois Mertes schreibt im Vorwort zu Christoph Stehrs Arbeit "Gerolstein und seine jüdischen Mitbürger bis 1945": „Als auf dem Totenzettel von Pfarrer Hubert Rader 1935 stand: ,Er ging umher, Betrübte tröstend, Verfolgte schützend', wusste jeder, dass er sich bewusst vor das Volk des Alten Bundes stellte, von denen er in seinen Bibelstunden mit Ehrfurcht sprach."

Von den Gerolsteiner Juden, die die Katastrophe überlebt hatten, kehrten einige auf Besuch zurück: Ludwig Baum Mitte der 60er Jahre sowie Julius Levy, Margot Levy, Bernhard Baum und Sebald Levy 1965. Die meisten Gerolsteiner Juden jedoch kamen in den Konzentrationslagern um.

Trierischer Volksfreund, 30. 1. 2001

Ausstellung "Das Schicksal der Gerolsteiner Juden"

  Gerolstein. (ws) Eine bedeutende Ausstellung eröffnete der "Aktionskreis gegen rechte Gewalt" vor vielen Besuchern in den Räumen der Volksbank Eifel-Mitte in Gerolstein am 27. Januar, dem Holocaust-Gedenktag. Sie äußert sich in vielen schriftlichen und photographischen Dokumenten zum Schicksal der Gerolsteiner Juden.
Ingrid Diensberg (Pelm) vom Aktionskreis eröffnete die Veranstaltung, die in der nachfolgenden Stunde vielfach die Betroffenheit der Menschen erkennen ließ, die mit dem Geschehen zwischen 1933 und 1945 gegenüber der jüdischen Bevölkerung konfrontiert wurden. Besonders betroffen vielleicht deshalb, weil hier Namen jüdischer und christlicher Mitbürger aus dem damaligen Gerolstein, Familien, Häuser, Straßen, Berufe, Nachbarn und hilfreiche Personen genannt werden, die den heutigen Bewohnern noch vieles sagen, sie also noch direkt ansprechen.

Diese Konfrontation unterstützen viele Photos des bekannten Gerolsteiner Photographen Fredy Lange aus den 30er und 40er Jahren, Photos von Familien, Einzelpersonen und vor allem von Kindern, verbunden mit Angaben zu ihrem Schicksal oder dem Versuch, insbesondere die Kinder zu identifizieren. Texte von Christoph Stehr ergänzen die historisch wertvollen Photographien. indem sie das Schicksal der Gerolsteiner Juden - Flucht, Deportation, Ermordung - dokumentieren.
Der Besuch dieser eindrucksvollen Präsentation menschlicher Schicksale, in Verbindung mit deutscher und auch regionaler Geschichte, ist den heutigen Bewohnern jeden Alters sehr zu empfehlen. Die Dauner Flötistin Jutta Höhn sorgte mit ihrer Musik für feierliche Stimmung unter den nachdenklich lauschenden Besuchern. Schüler des SMG trugen Gedichte zum Thema Holocaust vor.

Eifel Journal, 8. 2. 2001