AKTIONSKREIS GEGEN RECHTE GEWALT

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AKTIONSWOCHEN GEGEN RECHTE GEWALT
Daun / Gerolstein
November 2000


Programm

  Freitag, 3. November  
  19.00 Uhr
Haus der Jugend Daun
Konzert für Toleranz
Veranstalter: Haus der Jugend Daun
  Montag, 6. November  
  19.00 Uhr
Musiksaal der
Grundschule Daun
Workshop für Lehrer(innen) und Eltern:
Wie gehen wir mit rechter Gewalt um?
Leitung: Thomas Kupczik, AG Frieden Trier
Veranstalter: GEW-Kreisverband Daun

  Donnerstag, 9. Nov.  
  Gerolstein Gedenkveranstaltung zur Pogromnacht 1938
Veranstalter: Aktionskreis gegen rechte Gewalt

  17.00 Uhr
St.Anna-Kirche
Gottesdienst
  18.00 Uhr
Altes Rathaus
Mahnwache
  18.30 Uhr
Innenstadt
Lichterkette (Bitte Teelichter o.ä. mitbringen!)
  19.00 Uhr
Brunnenplatz
Kundgebung (u.a. mit Brigitte Ewertz, Stadtbürgermeister G. Linnerth und der Gruppe SaM)
  Freitag, 10. November  
  10.00 Uhr
Augustiner-Realschule Hillesheim
Büchertisch:
Kinder- und Jugendliteratur zum Thema Rechtsextremismus
Veranstalter: Schülervertretung der Realschule Hillesheim und Buchhandlung "Lesezeichen"

  19.30 Uhr
Haus der Jugend Daun
Podium: Fremdenhass und Extremismus.
Teilnehmer: Vertreter der politischen Jugendorganisationen
Veranstalter: Haus der Jugend Daun

  Samstag, 11. November  
  11.00 Uhr
Sporthalle der
BBS Gerolstein
Sport statt Gewalt
Streetballturnier
Veranstalter: Astrid Schmitt, MdL

  Montag, 13. November  
  10.00 Uhr
Forum Daun
Was tun gegen rechte Gewalt?!
Diskussion über Rechtsextremismus
für Schüler und Schülerinnen ab der 8. Klasse
mit Verfassungsschützern, Polizei - und Thomas D.
Veranstalter: Kreisjugendamt

  19.30 Uhr
Restaurant Burghof
Daun
Antifaschismus
Referent: Michael Simon
Veranstalter: Jusos Unterbezirk Daun

  20.00 Uhr
KHG, Koblenz
Rechtsextremismus aus der Mitte unserer Gesellschaft
(kostenlose Mitfahrgelegenheit für 8 Jugendliche; Anmeldung: Tel. 06592-980599; E-Mail: jugendpflege@daun.de)
Veranstalter: Jugendpflege Verbandsgemeinde Daun

  Mittwoch, 15. Nov.  
  19.30 Uhr
Hotel Zum Goldenen Fäßchen, Daun
Podiumsdiskussion:
Wie sollen wir auf den Rechtsextremismus reagieren?
Teilnehmer: H. Onnertz (Landrat), Dr. A. Husseini (Ausländerbeauftragter), M. Gaul (Geschichtslehrerin), T. Bauer (Jugendpflegerin), M. Bicker (Schülersprecher, TMG), S. Osiewacz (Mitglied der Jugendgruppe "Anders")
Gesprächsleitung: Karl-Heinz Adamek
Veranstalter: Friedensgruppe Daun

  Donnerstag, 23. Nov.  
  20.00 Uhr
Forum Daun
Eins auf die Fresse
Theater zum Thema Gewalt in Schulen
Theatergruppe Sachsen-Anhalt

(nicht Mitglied des Aktionskreises gegen rechte Gewalt)
  Freitag, 24. November  
  10.00 Uhr
Forum Daun
Eins auf die Fresse
Theater zum Thema Gewalt in Schulen
(nur für Schulklassen)
Theatergruppe Sachsen-Anhalt
(nicht Mitglied des Aktionskreises gegen rechte Gewalt)
  Samstag, 25. November  
  15.00 Uhr
Haus der Jugend Gerolstein
Frauenrechte-Menschenrechte weltweit
Frauen in Bolivien (Sr. Emma Serrano)
Frauen in Burkina Faso (Solidaritätskreis Westafrika)
Frauen im Islam - Beispiel Algerien (Mbrouka Gadouche)
Es spielt die Trommelgruppe Tom Häuser; dazu werden orientalische Spezialitäten gereicht.
Veranstalter: Frauen in Not (FIN) Gerolstein

  Freitag, 1. Dezember  
  20.00 Uhr
Haus Der Jugend Daun
Filmabend:
American History X
(ab 16 Jahre)
Veranstalter: Jugendparlament Daun
  Samstag, 2. Dezember  
  17.00 Uhr
Haus der Jugend Gerolstein
Lesung:
Taher Ben Jelloun: Papa, was ist ein Fremder?
Annette Wieviorka: Mama, was ist Auschwitz?

Es lesen: Brigitte Blinn und Julia Prokop
Veranstalter: Haus der Jugend Gerolstein

  November/Dezember  
  Haus der Jugend Gerolstein
Termin nach Absprache
Internet-Workshop:
Erstellung einer Website zum Thema Rechtsextremismus
Veranstalter: Haus der Jugend Gerolstein
Information und Anmeldung unter 06591-5535

Ab 20. 10. 2000 an jedem Freitag, 16 Uhr: Mahnwache vor dem Dauner Forum
Veranstalter: Gruppe "Anders" (Daun)



BERICHTE:
AKTIONSWOCHEN GEGEN RECHTE GEWALT
Daun / Gerolstein
November 2000





Konzert gegen Rechts
Ruck gegen Rechts
Wir stehen auf für Menschlichkeit und Toleranz
Menschen Mut machen, gegen Rechtsextremismus anzugehen
200 singen gegen rechten Terror
Konfrontationskurs bringt nichts
Rechten Parolen Paroli bieten
Schülern stinken rechte Sprüche ganz gewaltig
Toleranz und Zivilcourage sollen durch Aktionen gestärkt werden
Aktionen gegen rechte Gewalt
Rechtes Gedankengut ist tief verwurzelt
Hartnäckig gegen Faschisten
Gewalt gehört zum Alltag
Theater "Eins auf die Fresse"
Neuer Name, breitere Basis

 


Konzert gegen Rechts

  DAUN. Das "Konzert gegen Rechts" im Haus der Jugend stieß auf vergleichbar geringe Resonanz bei den Jugendlichen. Rund 30 junge Leute lauschten den Klängen der Band "Tinnitus". Das Konzert war musikalischer Auftakt einer ganzen Reihe von Veranstaltungen, die unter dem Dach des "Aktionskreises gegen Rechts" stattfinden.  
                                            Foto: Daniel Zielke

 


Ruck gegen Rechts

Aktionswochen sollen Bevölkerung motivieren - Aktionskreis gegründet

Von unserem Mitarbeiter STEFAN HAEB

DAUN/GEROLSTEIN. "Gewalt ist grausam - wegschauen auch", lautet das Motto, das sich der "Aktionskreis gegen rechte Gewalt" auf die Fahnen geschrieben hat. Mit einer Veranstaltungsreihe will die Gruppe Rechtsextremismus entgegentreten.

"Wieder werden in Deutschland Menschen ausgegrenzt, gejagt, getötet, weil sie anders aussehen, anders denken und anders leben. Wir wollen nicht schweigen." Deutliche Worte spricht Klaus Heller. Er macht mit beim "Aktionskreis gegen rechte Gewalt", dem neben engagierten Bürgern Schülervertretungen, Jugendeinrichtungen, Kirchengemeinden, Verbände und Parteien angehören.

"Bevor meine Enkel mich fragen, warum ich nichts getan habe, werde ich aktiv", sagt Ingrid Diensberg, die den Aktionskreis im September ins Leben rief. Das Gedenken an die Opfer ist für sie besonders wichtig. In der Vergangenheit beteiligte sie sich auch an den Mahnwachen in der Brunnenstadt. Doch die Begeisterung war nie sehr groß. Aber Ingrid Diensberg würde sich auch alleine hinstellen. "Ich tue das, weil es mir persönlich wichtig ist". Daher hat sie auch in diesem Jahr einen Aufruf gestartet. Die Resonanz ist unerwartet hoch. "Mit einer solchen Begeisterung hätte ich nicht gerechnet. Das zeigt die Betroffenheit und die echte Besorgnis der Menschen. Es wurde wohl begriffen, dass wir auf allen Ebenen aktiv werden müssen", sagt Diensberg. Vor allem über die vielen Rückmeldungen aus den Schulen ist sie froh.

Viele wollen was tun, doch meist fehlt die Zivilcourage. "Je mehr mitmachen, um so weniger Mut braucht der Einzelne", meint Klaus Heller, der auch für die Friedensgruppe Daun aktiv ist. Der Aktionskreis hofft, dass viele Menschen an den Aktionen teilnehmen.

Das Programm sieht zahlreiche Veranstaltungen vor, so zum Beispiel Konzerte (Freitag, 3. November, 19 Uhr, Forum Daun) und Workshops (Montag, 6. November, 19 Uhr, im Musiksaal der Grundschule Daun).

Eine Gedenkveranstaltung und Demonstration gegen rechte Gewalt findet am Donnerstag, 9. November, in Gerolstein statt. Beginn ist um 17 Uhr mit einem Gottesdienst in der St. Anna Kirche, anschließend folgen Mahnwache und Kundgebung.

Auch ein Büchertisch mit Kinder- und Jugendliteratur ist geplant: Am 10. November, 10 Uhr, in der Augustiner-Realschule Hillesheim

Politische Jugendorganisationen veranstalten Freitag, 10. Novem­ber, 19.30 Uhr ,ein Podium zum Thema "Fremdenhass und Extremismus" im Dauner HdJ. "Sport statt Gewalt" heißt es beim Streetballturnier in der Sporthalle der BBS Gerolstein am Samstag, 11. November, 11 Uhr.

Was die Öffentlichkeit gegen rechte Gewalt tun kann, soll die Diskussion über Rechtsextremismus für Schüler ab der 8. Klasse am Montag, 13. November, 10 Uhr im Forum Daun beleuchten. Ein Referat über Antifaschismus wird gehalten am Montag, 13. November, 19.30 Uhr im Burghof Daun. Wie man auf den Rechtsextremismus reagieren sollte, zeigt auch eine Podiumsdiskussion am Mittwoch, 15. November, 19.30 Uhr im Goldenen Fäßchen in Daun. "Eins auf die Fresse" heißt das Theaterstück zum Thema Gewalt in Schulen am Donnerstag, 23. November, 20 Uhr und für Schulklassen am Freitag, 24. November, 10 Uhr, im Forum Daun. "Frauenrechte - Menschenrechte weltweit" sind Themen am Samstag, 25. November, 15 Uhr im Haus der Jugend Gerolstein. Das Jugendparlament Daun veranstaltet Freitag, 1. Dezember, 20 Uhr, einen Filmabend im Dauner HdJ. mit "American History X". "Papa, was ist ein Fremder?" und "Mama, was ist Auschwitz?" beschäftigen die Zuhörer am Samstag, 2. Dezember, 17 Uhr im HdJ Gerolstein.

Zum Thema Rechtsextremismus will der Aktionskreis eine eigene Internet-Seite erstellen. Interessierte können sich unter 06591/5535 beim Gerolsteiner Haus der Jugend anmelden. Die Gruppe "Anders" trifft sich jeden Freitag, um 16 Uhr vor dem Dauner Forum zur Mahnwache.

Informationen gibt es bei Ingrid Diensberg, 06591/8202 und Klaus Heller, 06595/676.

 Trierischer Volksfreund, 3. 11. 2000


SPD beteiligt sich an Aktionen gegen rechte Gewalt:

Wir stehen auf für Menschlichkeit und Toleranz

Die SPD im Kreis Daun beteiligt sich am breiten Bündnis, das sich sowohl auf Bundesebene als auch im Kreis Daun gegründet hat, um gemeinsam ein Zeichen gegen Rechtsradikalismus und Fremdenfeindlichkeit zu setzen. Ausdruck findet dieses Bündnis aus Parteien, Kirchen, Schulen, Verbänden und Vertretern der Jugendarbeit in unserem Landkreis im "Aktionskreis gegen rechte Gewalt". Der Vorsitzende der SPD im Kreis Daun fordert alle Mitglieder der SPD sowie alle Bürgerinnen und Bürger auf, sich an der vom "Aktionskreis gegen rechte Gewalt" organisierten "Gedenkveranstaltung zur Pogromnacht 1938" am Donnerstag, 9. November 2000 zu beteiligen. Die Gedenkveranstaltung beginnt um 17.00 Uhr mit einem Gottesdienst in der St Anna-Kirche in Gerolstein.

Das bundesweite Bündnis aus SPD, CDU, FDP, Bündnis 90/Die Grünen, PDS, katholischer und evangelischer Kirche, den jüdischen Gemeinden, dem DGB und dem BDA hat einen Aufruf zum 9. November verfasst:

"Die Würde des Menschen ist unantastbar". Wir stehen zu den Grundwerten unserer Demokratie. Der 9. November als Datum deut­scher Geschichte im Guten wie im Bösen verpflichtet uns alle, die Demokratie stets aufs Neue zu verteidigen. Lassen Sie uns am 9. November ein Zeichen setzen mit einer großen Demonstration.

Wir stehen auf!

 Eifel-Zeitung, 46. KW/2000


Menschen Mut machen, gegen Rechtsextremismus anzugehen

Schüler der Klasse 8b des St. Matthias-Gymnasiums suchen Gespräch mit Mitgliedern des "Aktionskreises gegen rechte Gewalt"

GEROLSTEIN. Heute wird bundesweit der Opfer der Reichspogromnacht gedacht - auch in Gerolstein. Die zentrale Veranstaltung im Kreis Daun hat der "Aktionskreis gegen rechte Gewalt" auf die Beine gestellt. Mit Mitbegründer Klaus Heller sprachen Nikola Blajic und Daniel Langens aus der 8b des St. Matthias-Gymnasiums Gerolstein, die am TV-Medienprojekt KLASSE! teilnimmt.

"Wieder werden in Deutschland Menschen ausgegrenzt, gejagt und getötet", heißt es auf einem Flugblatt des "Aktionskreises gegen rechte Gewalt". Ende Oktober trafen sich in der Bahnhofsgaststätte Gerolstein die Mitglieder des Kreises, um die letzten Vorbereitungen für ein Programm gegen rechte Gewalt in der Region zu treffen. Mit dabei waren Ingrid Diensberg, Christa Karoli, Karl-W. Koch und Klaus Heller, die diesen Kreis Mitte September gegründet haben.. Klaus Heller: "Der Hass gegen Ausländer, Kranke, Behinderte und Alte hat die Schwelle zur Gewalt überschritten. Es muss gehandelt werden."

Mit den vielfältigen Aktionen, die im November beginnen, will der Aktionskreis die Menschen in der Region, egal welchen Alters, zu mehr Zivilcourage gegen rechte Gewalt bewegen. Dies soll durch Plakate in Geschäften, Kirchen und Schulen, Mahnwachen vor dem Friedensbrunnen in Daun und auf dem Brunnenplatz in Gerolstein, Flugblätter und Demonstrationen, Diskussionsveranstaltungen erreicht werden. Einen Schwerpunkt bilden der ökumenische Gottesdienst heute ab 17 Uhr in der St. Anna Kirche in Gerolstein und der Schweigemarsch zum Brunnenplatz, wo eine Kundgebung veranstaltet wird.

Herr Heller, warum starten Sie "Aktionen gegen rechte Gewalt"?

"Es hat in Gerolstein eine kleine Initiative in dieser Richtung gegeben, in Daun ging die Initiative von der Friedensgruppe aus. Wir beobachten seit Jahren die zunehmende Tendenz zu rechter Gewalt. Inzwischen ist die Situation in Deutschland so dramatisch geworden, dass wir meinten, endlich dagegen halten zu müssen. Besonders hat uns geschockt, dass die Hemmschwelle in Bezug auf Gewalt in den vergangenen Jahren zunehmend verschwunden ist. Bisher bestand da bei den Rechtsradikalen und Rechtsextremisten eine Art Schamgrenze. Diese ist jedoch verloren gegangen, was möglicherweise daran liegt, dass immer mehr Menschen aus der Mitte der Gesellschaft die rechtsextremistischen Gewalttaten mehr oder weniger dulden, ja sogar zum Teil befürworten. Eine große Schuld liegt sicher auch bei vielen Politikern, die in ihrer Wortwahl nicht sehr zurückhaltend sind, die zum Beispiel von ,Durchrassung' der Bevölkerung oder ,Asylantenschwemme' sprechen. Auch ein Wort wie ,Scheinasylant' ist schon der Beginn von Gewalt gegenüber fremden Menschen."

Haben Sie diese Aktionen schon länger geplant?

"Seit Jahren haben wir in der Friedensgruppe Daun über dieses Thema diskutiert und waren uns auch im Klaren darüber, dass man etwas tun muss. Bestimmte Aktionen der rechten Szene im vergangenen Jahr haben dann den Ausschlag gegeben. Für diesen November hatten wir schon eine Veranstaltung geplant und dann hörten wir von den Gerolsteiner Initiativen und haben uns mit den Gerolsteinern zusammen getan."

Was wollen Sie erreichen?

Wir wollen erreichen, dass den Menschen stärker bewusst wird als bisher, welche Gefahren vom Rechtsextremismus ausgehen. Die Leute sollen sich über die Ursachen des Rechtsextremismus und der rechten Gewalt Gedanken machen, und sie sollen den Mut finden, dagegen anzugehen. Wir sind der Meinung: Je mehr Menschen sich gegen den Rechtsextremismus wehren, um so leichter fällt es auch anderen, diesen Mut zu zeigen."

Trierischer Volksfreund, 9. 11. 2000


200 singen gegen rechten Terror

Gedenkveranstaltung in Gerolstein zu Nazi-Pogromen - Protest gegen jedwede Gewalt von Rechts

Von unserer Mitarbeiterin GABI DEMARY

GEROLSTEIN. Großer Andrang bei der Veranstaltung zum Gedenken an die Pogromnacht. Über 200 Kinder, Frauen und Männer aller Altersgruppen gingen für mehr Mut gegen rechte Gewalt auf die Straße.

Klaus Heller, Organisator des "Aktionskreises gegen rechte Gewalt" ist über die gute Resonanz sehr zufrieden: "Viele Eifeler haben Hemmungen, sich öffentlich zu bekennen und dann auch noch mit Plakaten rumzulaufen. Davon war in Gerolstein nichts zu spüren."

Um 17 Uhr war zuerst ein Gottesdienst, bevor die Mahnwache vor dem alten Rathaus begann. Cornelia Reetz, Schülerin des Sankt Matthias Gymnasium, las zu Beginn das Gedicht "Deutscher und Juden" von Ernst Toller. Die Lichter wurden angezündet, auch in zahlreichen Schaufenstern brannten Kerzen. Ingrid Diensberg vom Aktionskreises, erklärte: "Die Kerzen symbolisieren das gemeinsame Gedenken an alle jüdischen Opfer und rufen gleichzeitig gegen die rechte Gewalt auf."

Bevor sich die Lichterkette zum Brunnenplatz bewegte, hatten sich viele "Mitkämpfer gegen Rechts" ein Plakat umgehängt. Alle weiterführenden Schulen aus Daun, Gerolstein und Hillesheim hatten bereits im Vorfeld für die Mahnwache gearbeitet. Sie hatten die 93 Plakate erstellt - mit den Namen von Todesopfern der rechten Gewalt aus den vergangenen zehn Jahren in Deutschland.

Grausame Fakten vor Augen geführt

Anhand einer Veröffentlichung in der Frankfurter Rundschau konnten sogar kurze Lebensläufe der Opfer beschrieben werden. Da waren zum Beispiel der 44-jährige Günter Marx und der 23-jährige Werner Weickin, die beide 1994 zu Tode misshandelt wurde. Martin Kammung wurde im März 1996 in Dorsten erschossen und Samuel Kofi verbrannte 1991 in einem Asylantenwohnheim in Saarlouis. Klaus Heller erklärte, dass es sich dabei nicht nur um Ausländer, sondern auch um Obdachlose oder Homosexuelle handele. Diese grausamen Fakten vor Augen, marschierten die 200 Demonstranten zur Kundgebung auf den Brunnenplatz. Stadtbürgermeister Georg Linnerth sprach in seiner Rede den Demokraten aus tiefster Seele: "Wir tragen heute die Verantwortung dafür, dass Rechtsextremismus und Antisemitismus nie wieder unsere Demokratie gefährden können." Er wertete die Anwesenheit der demonstrierenden Bürger als Zeichen für Toleranz und Zivilcourage. Es müsse mit aller Entschiedenheit gegen die rechte Gewalt, gegen den Hass und die Ausländerfeindlichkeit angegangen werden. "Es gibt ein ganzes Bündel von Ursachen für diese erschreckende Entwicklung. Nur ein ganzes Bündel von Maßnahmen kann dem rechten Sumpf den Boden entziehen," sagte Linnerth. Auch der 67-jährige Martin Stüber griff zum Mikrofon: "Ich hab den ganzen Mist von Anfang an mitbekommen." Als 1933 alles begann, habe man weggeschaut, "weil die Obrigkeit ja keine Fehler macht." "Heute weiß man, dass alles so gewollt war", sagte Stüber. Er forderte alle auf, nicht wegzuschauen: "Kein Schrecken ohne Ende, kein Ende mit Schrecken." Stüber war von 1980 bis 1995 evangelischer Pfarrer in Gerolstein.

Die Brunnenstädterin Brigitte Ewertz las einen Text vor. Darin forderte Kain immer wieder von seinem Bruder Abel: "Steh auf, täglich immer neu." Im Schlusssatz heißt es: "Niemand soll die Maske der Gleichgültigkeit tragen". Der Chor "SaM" - Singen am Mittwoch - unter Leitung von Cheryl Onnertz, sorgte für die musikalische Demonstration gegen die rechte Gewalt.

Keine Zwischenfälle, Demo blieb friedlich

Sie sangen Friedenslieder und die große Bürgerschar stimmte mit ein. So erklang ein 200-stimmiger Friedens-Kanon auf dem Gerolsteiner Brunnenplatz. Bevor sich alle auf den Heimweg machten, sang der SaM-Chor "zur Stärkung", wie Cheryl Onnertz sagte, "Hallelujah, sing a song, songs of love". Es kam zu keinen Gegen-Aktionen. Polizisten der Gerolsteiner Wache kontrollierten lediglich einige routinemäßig.

 Trierischer Volksfreund, 11./12. November 2000


Konfrontationskurs bringt nichts

Workshop der GEW bringt wichtige Erfahrungen

Von unserem Mitarbeiter HANS JURGEN SITTIG

DAUN. Zu einem Workshop, der im Zeichen der Aktionswochen gegen rechte Gewalt stand, hatte der Dauner Kreisverband der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Eltern und Lehrer eingeladen.

Die Veranstaltung war ein Angebot konkreter Hilfen beim Umgang mit rechtsextremistischen Jugendlichen. Denn die Zahl der rechten Jugendlichen, die gewaltbereit sind oder Gewalt als Mittel befürworten, Konflikte auszutragen, ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen.

Dieser Gewaltbereitschaft und auch menschenverachtenden Sprüchen über "Scheinasylanten", "Kanaken" oder "linke Zecken" stehen Eltern wie Erzieher oft hilflos gegenüber. Der Rechtsextremismus zählt damit zu den größten pädagogischen Herausforderungen.

Klaus Heller von der GEW begrüßte dazu den Trierer Friedensarbeiter Thomas Kupczik, als Leiter des Workshops. Der ließ zunächst die Teilnehmer eigene Erfahrungen mit dem Erlebnis rechter Gewalt beschreiben. Man diskutierte verschiedene Möglichkeiten, auf physische und verbale Gewalt zu reagieren.

In Rollenspielen wurde dies auch mehr oder weniger realistisch erprobt. Die Teilnehmer befanden sich damit in ungewohnter Situation, die sie aber rasch als effektiv empfanden. Als Ergebnis des Abends kristallisierten sich schließlich Verhaltensregeln heraus, die in Auseinandersetzungen mit rechter Gewalt beachtet werden sollten: Wichtig sei zum Beispiel die seelische Vorbereitung auf mögliche Konfliktsituationen und eine Klärung der Frage, zu welchen persönlichen Risiken man bereit sei.

Auch sei es besser, statt unentschlossen nichts zu tun, sofort die Polizei zu alarmieren und Hilfe herbeizurufen.

Falsch sei in jedem Fall eine Eskalation der Situation durch geringschätzige Äußerungen oder durch Einschüchterungsversuche. Man müsse statt dessen auch den gewaltbereiten Jugendlichen das Gefühl geben, als Person ernst genommen zu werden.

Das erreiche man durch ein sicheres und eindeutiges Auftreten und durch eine ruhige Gesprächsführung.

Es wurde aber auch deutlich, dass in diesem Problemfeld keine Patentrezepte für alle Konfliktsituationen gegeben seien.

Trierischer Volksfreund, 11./12. 11. 2000


Rechten Parolen Paroli bieten

Fremdenhass und Extremismus steht bei einer Podiumsdiskussion im Haus der Jugend im Mittelpunkt

Von unserer Mitarbeiterin ANKE KRUMP

DAUN. Mit einem nicht ernst gemeinten Ausländerwitz an der Theke fängt es an: Rechtsradikale Tendenzen gibt es auch in der Eifel. Was dagegen zu tun ist, darüber sprachen Vertreter politischer Jugendorganisationen bei einer Podiumsdiskussion.

Aus allen Lagern hatten sie sich am Podiumstisch versammelt: Die Junge Union (vertreten durch Frank Mörsch), die Jungen Liberalen (Ralf Berlingen), die Jusos (Jens Jenssen), Alexander Chruscz (Jugendparlament) und Mathis Bicker (Gruppe "Anders"). Vertreter der NPD fehlten. "Wir hatten eine Anfrage, ein Vertreter wollte kommen. Aber wir wollten solchen Meinungen keine Plattform geben", erklärt Ralf Berlingen. Applaus aus dem Publikum.

Akutes Problem auch in der Eifel

Schon nach knapp einer halben Stunde Diskussion ist klar: Alle sehen im (Rechts-) Extremismus und Fremdenhass ein akutes Problem, das auch die Eifel betrifft. "Die NPD baut hier gezielt ihre Strukturen auf. Viele Kommunalpolitiker sind sich des Problems bewusst, aber oft wird es vertuscht", sagt Mathis Bicker. Er hat zusammen mit Freunden spontan die Gruppe "Anders" gegründet, "als der rechte Aufschwung anfing".

Bicker: "Es reicht nicht, wenn die Politik etwas versucht dagegen zu machen. Jeder von uns muss aktiv werden: Wenn ich merke, dass ein Freund oder Bekannter mit solchen Sprüchen anfängt oder solche Klamotten trägt, muss ich mit ihm darüber reden. Nur so kann man die Leute erreichen." Sowohl Lehrer und Eltern als auch Freunde müssen aktiv werden, ist die einhellige Meinung am Podium: "Nur so können wir den Bodensatz erreichen", meint Ralf Berlingen. Schüler sollten den Mitschülern zeigen, dass sie nichts von diesen Gedanken halten, ihnen das Gefühl geben, dass es für sie peinlich sein sollte, da mitzumachen. "Der Aktivismus sollte aus der Mitte der Gesellschaft kommen", meint Jens Jenssen, "und nicht nur von der Politik aufgezwungen werden". Dennoch sei es auch für die Politiker wichtig, "dass sie sich zusammen um das Problem kümmern, und nicht jeder sein eigenes Süppchen kocht", sagt Frank Mörsch.

Ein Grund, warum gerade Jugendliche leicht in rechtsradikale Gruppen geraten, ist nach Meinung der Podiumsteilnehmer die große Kameradschaft unter den Rechten. "Die Zugangsschwelle ist total niedrig, das ist ein richtiger ,Parteiensog'. Die sprechen einen an, dann ist es am Anfang auch ganz lustig, und dann macht man mit, weil man bei dieser Gruppe ,cool' ist, wenn man laut mit brüllt", vermuten die Teilnehmer. Dagegen, sei eine Aufnahme in andere Parteien oft schwieriger.

Nach Meinung von Ralf Berlingen sehen viele einfach nicht, dass Deutschland Ausländer braucht: "Wir brauchen Immigration, sonst sind wir wirtschaftlich am Boden. Gerade im gastronomischen Be­reich sind viele Stellen von Immigranten besetzt, weil viele Deutsche die Jobs nicht machen wollen". Und Frank Mörsch ergänzt: "Deutschland ist von der Altersstruktur nicht in der Lage, wirtschaftlich klar zu kommen".

Zum Thema NPD-Verbot " ja" oder "nein" blieb allerdings auch in Daun eine Antwort offen: "Bei einem Verbot werden die Mitglieder in den Untergrund gehen, und das Hasspotential wird vielleicht sogar steigen. Solange die Leute an die Partei gebunden sind, bleibt vielleicht Schlimmeres verhindert", glaubt Mathis Bicker. Andererseits: "Wenn die NPD nicht verboten wird, geht sie gestärkt aus dieser ganzen Misere raus, da sie ja demokratischen Richtlinien entspricht".

"Ein Verbot ist zwar ein toller Schritt, der auch gut wirkt. Aber ist dieser Schritt nicht zu schnell gefasst?" fragt Jens Jenssen. Dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts sehen die Podiumsteilnehmer daher mit Spannung, aber auch mit Angst entgegen. Mathis Bicker: "Egal, wie es ausgeht - Deutschland kommt dabei schlecht weg."

 Trierischer Volksfreund, 14. 11. 2000


Aktionswochen:

Schülern stinken rechte Sprüche ganz gewaltig

Große Resonanz auf Veranstaltung des Kreisjugendamtes - 400 Schüler diskutieren mit Thomas D., Verfassungsschutz und Polizei

Von unserer Mitarbeiterin GABI DEMARY

DAUN. Das Forum platzte fast aus allen Nähten. 400 Schüler waren zur Podiumsdiskussion "Was tun gegen rechte Gewalt?" gekommen.

Die Runde der Diskussionspartner ist illuster: Neben Verfassungsschützer Andreas Müller vom Mainzer Innenministerium und Rechtsextremismus-Experte Hartmut Heck vom Trierer Polizeipräsidium hatte sich auch Rapper und Neu-Eifeler Thomas D. von den "Fantastischen Vier" überzeugen lassen, an der Diskussion im Dauner Forum teilzunehmen. Ein Entschluss, der sich lohnte, denn die mehr als 400 Schüler aller Schularten, die der Einladungen des Kreisjugendamtes gefolgt waren, waren diskussionsfreudig und hatten zahlreiche Beiträge zum Thema beizusteuern.

"Blöde Äußerungen über Aussiedler ärgerlich"

Moderator Thomas Schneider vom SWR, früher selbst TMG-Schüler, hatte jedenfalls kein Problem, das Gespräch in Gang zu bringen. Denn die Schüler nahmen schon bald kein Blatt mehr vor den Mund. Sie machten deutlich, dass sie auch in der Eifel immer wieder Ausgrenzungen oder Beleidigungen und Gewalttaten erleben. Beschimpfungen von Ausländern stehen dabei ganz oben auf der Liste.

Eine Hauptschullehrerin ärgerte sich besonders über die "blöden Äußerungen", denen die russlanddeutschen Schüler immer wieder ausgesetzt seien. Die Anfeindungen basierten auf Gerüchten und erst, wenn man sie hinterfrage, würden die Pöbler mundtot. Für ihre Feststellungen erhielt sie aus den Reihen der Jugendlichen viel Unterstützung. Eine Schülerin zog das treffende Fazit: "Beleidigungen sind oft schlimmer als körperliche Gewalt."

Der Verfassungsschützer Müller nannte die Zahlen: "ln Rheinland-Pfalz beobachten wir 1900 Rechtsextremisten, davon sind hundert zur Gewalt bereit." Im Vergleich sind auf Bundesebene 51000 Rechtsextremisten erfasst. Heck, Kriminalhauptkommissar in Trier und Spezialist im Ressort für Rechtsextremismus, verdeutlichte: "Diese Zahlen heißen nicht, dass es bei uns keine rechte Szene gibt. Sondern nur, dass keine organisierte Gruppen im Regierungsbezirk agieren." Die Profis machten ganz klar, Rechtsextremismus spielt sich in den Köpfen ab und ist nicht vom äußeren Erscheinungsbild abhängig. "Dies ist eine große schlummernde Gefahr", so Müller.

Aus den Schülerreihen waren die Aussagen gekommen, dass nicht jeder Glatzkopf ein Skinhead sei. Auch Thomas D. meinte: "Man muss aufpassen: Die provokanten Organisierten tragen keine Springerstiefel, sondern Krawatten."

Thomas D. traf in seinen Aussagen immer wieder genau den Nerv der Jugendlichen. Sie zollten es ihm mit höchster Aufmerksamkeit. Der Rapper gehörte zur Schulzeit zu den Kleineren, Schwächeren, wie er sagte. Mutig machte er sich auf den Weg zu zeigen: "Ich bin auch schön." Heute weiß er: "Wer die Kraft hat, mit offenem Herzen auf jemanden zuzugehen, ist groß und stark. Wenn er dann auch noch verzeihen kann, entspricht er dem neuen Bild des Helden."

Verfassungsschützer Müller erklärte, dass der Rechtsextremismus von auswechselbaren Feindbildern lebt So gehörten nicht nur Ausländer zu den Opfern rechter Gewalt, sondern auch Obdachlose, Schwule, Lesben, Huren oder Behinderte. Als diese Gruppen erwähnt wurden, meldete sich eine Schülerin zu Wort: "Behinderte und Ausländer haben ein Recht darauf, verarscht zu werden. Wenn über sie keine Witze gemacht werden, werden sie doch auch ausgegrenzt."

"Bei so was krieg ich echt nen Hals"

Mit dieser Aussage hatte sie regelrecht in ein Wespennest gestochen und brachte das Forum zum Beben. "Bei so was, krieg ich echt 'nen Hals" oder "Red doch keinen unqualifizierten Scheiß", kamen prompt die Antworten von aufgebrachten Schülern.

Thomas D. sorgte dafür, dass der Stimmungspegel wieder heruntergefahren wurde: "Wenn die Ausländer oder Behinderten selbst die Witze erzählen und darüber lachen können, ist es doch o.k.. Es ist kein guter Humor, nur über andere lachen zu können."

Polizist Heck gab zu bedenken: "Wie verhalte ich mich selbst bei den üblen Stammtischwitzen?" Schon da setze die Ausgrenzung ein. Eine Ausbilderin von der Dekra-Akademie forderte von den Jugendlichen: "Steht auch mutig gegen die hämischen Erwachsenen auf." Müller und Heck sagten einstimmig, dass eine ganze Reihe von Ursachen wie Arbeitslosigkeit oder Ausgrenzung zum Rechtsextremismus führen könnten. Vordergründig sei aber die mangelnde Anerkennung oft der Einstieg: Solche suchenden Jugendlichen schlössen sich häufig der rechtsextremistischen Weltanschauung an. "Nur wenn die im Rudel auftreten, fühlen sie sich stark, sonst sind sie schwach und haben nur primitive Schuldzuweisungen parat", meinte ein Dauner Hauptschüler.

Andere Jugendliche berichteten von gewalttätigen Ausschreitungen einer mit Baseballschläger bewaffneten Gruppe beispielsweise bei einer Disko in Oberstadtfeld. Das war die passende Gelegenheit, die Themen Mut und Zivilcourage anzusprechen: "Soll ich etwa sagen: ,Ich hab dich lieb', wenn ich eine in die Fresse gekriegt habe?" fragte ein Niederstadtfelder Junge. Hartmut Heck forderte von den Jugendlichen. überlegt einzugreifen, aber nicht aus Übereifer gegen eine Überzahl vorzugehen und sich damit selbst in Gefahr zu bringen. Thomas D. brachte es so auf den Punkt: "Man ist selten ganz allein. Die starren Schaulustigen sind nur durch direkte Ansprache zu aktivieren." In dieser Gesprächsphase wurde die Polizei von den Jugendlichen besonders angegriffen: "Sie kommen oft zu spät oder unternehmen nichts."

"Polizei kann auch nicht überall sein"

Heck gab zu, dass auch bei einer 24-Stunden-Besetzung seine Kollegen nicht immer überall sein können. Außerdem seien sie mit unterschiedlichen Aufgaben für alle Bürger im Einsatz. "Das wird sich nie ganz abstellen lassen", resümierte der Polizei-Experte.

Kreisjugendpfleger Kurt Laux war sehr zufrieden mit der zweistündigen Diskussion: "Das Wichtigste ist, ein Bewusstsein zu schaffen. Die Jugendlichen werden nicht nur zu Hause mit ihren Eltern über das Gehörte von heute reden."

Trierischer Volksfreund, 15. 11. 2000


Toleranz und Zivilcourage sollen durch Aktionen gestärkt werden

Uber 200 Teilnehmer kamen am vergangenen Donnerstag zu einer Veranstaltung nach Gerolstein.

Gerolstein/Kreis Daun (Ifr). Die Gedenkrede auf dem Brunnenplatz hielt Stadt­bürgermeister Georg Linnerth. Er bezeichnete es als wichtig, dass man ein Zeichen setze gegen Intoleranz und Rassismus in Teilen unserer Gesellschaft. Er ging auch auf die vielfältigen Ursachen rechtsextremer Gewalttaten ein und zeigte Wege auf, dieser Gefahr wirksam zu begegnen. Sein Dank galt den Organisatoren der Veranstaltung und all denen, die durch ihre Anwesenheit ein Zeichen für Toleranz und Zivilcourage gesetzt haben.

Die große Anzahl junger Menschen, die sich an der Feier beteiligten, war auffallend und gibt Anlass zu der Hoffnung, dass die dummen Argumente einer Handvoll lautstarker Rechtsextremisten zumindest im Kreis Daun nicht auf fruchtbaren Boden fallen werden.

Weitere Veranstaltungen im Rahmen der »Aktions­wochen«:

Am Mittwoch, 15. November, veranstaltet die Friedensgruppe Daun im Hotel »Zum Goldenen Fäßchen« eine Podiumsdiskussion u.a. mit Landrat Onnertz und dem Ausländerbeauftragten Dr. A. Husseini sowie Lehrern und jungen Leuten. Das Thema lautet »Wie sollen wir auf den Rechtsextremismus reagieren?«.

Für die Allgemeinheit findet am Donnerstag, 23. November im Forum Daun eine Aufführung des Theaterstückes »Eins auf die Fresse« statt. Eine Theatergruppe aus Sachsen-Anhalt arbeitet in diesem Stück das Thema »Gewalt in der Schule« auf.

Um die Rechte der Frauen geht es bei einer Veranstaltung der Gruppe FIN aus Gerolstein. Vertreterinnen aus Bolivien, Burkina Faso und Algerien werden sich im Haus der Jugend in Gerolstein am Samstag, 25. November, zu der Situation der Frauen in ihren Ländern äußern. Beginn ist um 17 Uhr.

Über noch bestehende Ausstellungen und weitere Aktion können Auskünfte auch unter Tel.: (0 65 95) 676 eingeholt werden.

 Wochenspiegel, 15. 11. 2000


Aktionen gegen rechte Gewalt

Noch bis Dezember laufen im Kreis Daun die »Aktionswochen gegen rechte Gewalt« mit zahlreichen Veranstaltungen.

Gerolstein/Kreis Daun (Ifr). Der »Aktionskreis gegen rechte Gewalt«, ein Zusammenschluß von weit über 30 Organisationen und Verbänden sowie engagierter Einzelpersonen, bietet noch bis zum 2. Dezember zahlreiche Aktionen àn.

Zentraler Mittelpunkt war in der vergangenen Woche die Gedenkveranstaltung zur Progromnacht vom 9. November 1938 in Gerolstein. Nach einer Mahnwache vor der Gedenktafel für ums Leben gekommenen jüdische Mitbürger am Alten Rathaus im Anschluss an einen Gottesdienst in der St.-Anna-Kirche, gestaltet von verschiedenen Gruppen, gedachten über 200 Menschen in einer Lichterkette in der Innenstadt den 93 Opfern rechter Gewalt, die seit 1990 in Deutschland ums Leben gekommen sind. Auch in dieser Woche laden die Organisatoren weider zu verschiedenen Aktionen ein. (Mehr dazu im Innenteil!)

 Wochenspiegel, 15. 11. 2000


Rechtes Gedankengut ist tief verwurzelt

Podiumsdiskussion der Friedensgruppe Daun zum Thema Rechtsextremismus - Armutszeugnis für die Gesellschaft

Von unserem Mitarbeiter Alwin Ixfeld

DAUN. Die Frage nach dem Umgang mit Rechtsextremismus beschäftigte eine Podiums-diskussion in Daun. Rund 80 überwiegend jugendliche Besucher zeigten Interesse an diesem Thema.

Eingeladen zu der Veranstaltung im Rahmen der Aktionswochen gegen rechts hatte die Friedensgruppe Daun.

Diskussionsleiterin Hildegard Slabik-Münter stellte gleich zu Beginn die Podiumsgäste auf die Probe, als sie mit einem realistischen Beispiel von rechter Provokation gegenüber fremd aussehenden Menschen nach möglichen Reaktionen fragte. Landrat Heinz Onnertz machte deutlich, dass hier besonders Zivilcourage nötig sei, die darin bestehen könne, dass man gezielt andere Menschen mit einbinde und solidarisch für die Entschärfung einer solchen Situation sorge.

Auch die übrigen Teilnehmer der Podiumsrunde stellten fest, dass Einzelne immer auf die Hilfe anderer Menschen angewiesen seien. Die Frage, warum rechtsextremes Gedankengut sich scheinbar ungeniert in der Öffentlichkeit ausbreiten kann, belegte, dass keine einzelne Ursache zu benennen sei, sagte Jugendpflegerin Tanja Bauer. Nur wenn alle Jugendlichen in Planungen und Gespräche einbezogen würden und Politik greifbarer würde, könnte rechten Vorreitern der Boden entzogen werden. Maria Gaul, Geschichtslehrerin an einem Dauner Gymnasium, stellte fest, dass die umfangreichen Informationen über rechte Politik deshalb wenig angenommen würden, weil die Gesellschaft insgesamt gewalttätig sei und daher die Gewalt von rechts nur eine Form dieser Aggressivität sei.

Die Schüler Mathis Bicker und Stefan Osiewacz belegten aus ihrer Erfahrung, dass rechtes Gedankengut auf dem Land tief verwurzelt ist und eine rassistische Massenstimmung verhindert, dass die Menschen Neues an sich heran lassen. Das wurde auch von einigen Zuhörern bestätigt. Es seien nicht allein die Jugendlichen, äußerte ein Teilnehmer, sondern vor allem die Parolen gegen Ausländer, die an der Theke geäußert würden, die solche Ängste vor Fremden und Fremdem schürten.

In diesem Zusammenhang kritisierte Bicker, dass die Auseinandersetzung mit der rechten Szene kein dauerhaftes Thema sei. Was jetzt in der Schule behandelt würde, werde in ein paar Wochen keine Rolle mehr spielen. Landrat Onnertz hob das Bedürfnis von Jugendlichen nach Geborgenheit hervor. "Wenn wir das nicht schaffen, schaffen es andere", betonte er und bemängelte, dass Identifikationsfiguren für junge Leute fehlten. "Wenn Politiker als Straftäter verurteilt werden und weiter im Amt bleiben, dürfen wir uns über Jugendliche nicht wundern", spielte er auf das Verfahren gegen den am Diskussionsabend noch amtierenden Bundesverkehrsminister Klimmt an.

NPD-Verbot ist keine Lösung

Einig waren sich alle Podiumsteilnehmer über die Frage eines Verbots der rechtsradikalen NPD. Grundsätzlich betonten alle, dass ein solches Verbot eher schade, da es zum einen sinnvoller sei, die gesellschaftlichen Strukturen so zu ändern, dass für rechtes Gedankengut kein Platz mehr sei, und es zum anderen ein Armutszeugnis für eine Gesellschaft sei, wenn alles über Verbote geregelt werden müsse. Auch wenn dieser Punkt zumindest unter einigen erwachsenen Besuchern der Diskussionsrunde Widerspruch fand, so demonstrierte das Interesse aller Teilnehmer, dass solche Gespräche auch in den Dörfern des Kreises Sinn machen würden.

 Trierischer Volksfreund, 18./19. 11. 2000


Hartnäckig gegen Faschisten

Auch bei siebter Mahnwache gegen rechte Gewalt mehr als 40 Jugendliche

DAUN. (aix) Durchhaltevermögen: Zur letzten Mahnwache während der Aktionswochen gegen rechte Gewalt kamen in Daun wieder mehr als 40 junge Leute zusammen.

Mit Transparenten und einem Plakat, auf dem die Namen der Opfer rechter Schlägertruppen aus jüngster Zeit aufgelistet waren, demonstrierten sie friedlich gegen faschistische Tendenzen. Durch Flugblätter versuchten die Jugendlichen zu einer stärkeren Zivilcourage aufzurufen.

Die Resonanz auf die verschiedenen Veranstaltungen der Aktionswochen bezeichneten die Teilnehmer als äußerst positiv. Besonders überrascht zeigten sie sich über die große Beteiligung bei den Diskussionsforen und den insgesamt sieben Mahnwachen.

Außerdem seien viele Gespräche mit Passanten zustande gekommen. "Einem älteren Mann sind die Tränen gekommen, weil er sich an seine schlimmen Erfahrungen während der Nazi-Zeit erinnert hat", berichtete einer der Demonstranten. Insgesamt sei deutlich geworden, so ein weiterer Teilnehmer der Mahnwache, dass die Gesprächsbereitschaft zugenommen habe, bedingt auch durch die verstärkte Aufmerksamkeit, die rechte Gewalttaten in den Medien gefunden hätten.

Trierischer Volksfreund, 27. 11. 2000


Gewalt gehört zum Alltag

Referentinnen berichten vom Leben der Frauen in verschiedenen Kulturen

Von unserer Mitarbeiterin ANKE KRUMP

GEROLSTEIN. Dass noch immer in vielen Ländern der Erde Menschenrechte ausschließlich als Männerrechte definiert werden, darüber berichteten Augenzeuginnen bei einer Veranstaltung in Gerolstein.

Zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen und Mädchen am 25. November hatte der Verein "Fin" (Frauen in Not) mit Sitz in Gerolstein zu einem Vortragsnachmittag ins Haus der Jugend in der Brunnenstadt eingeladen. "Wir wollen Infos geben über das Leben von Frauen in anderen Kulturen", nannte Evi Linnerth, Vorsitzende des Vereins, zu Beginn das Motto der Veranstaltung. Der Verein, den es seit November 1996 gibt, kümmert sich um Frauen, die sich aus Gewaltsituationen und Gewaltbeziehungen lösen wollen. Als eine von drei Referentinnen beschäftigte sich Rita Krieger vom Solidaritätskreis Westafrika mit den Themen, die Frauen besonders betreffen: vom alltäglichen Leben über Beschneidungszeremonien bis hin zum Schulsystem. Einen Krug Wasser auf dem Kopf, an jeder Hand ein Kind, eins auf dem Rücken und eins im Bauch: "Solche Bilder sind typisch in der afrikanischen Gesellschaft", sagte sie. Und weil Frauen nicht nur biologisch, sondern auch gesellschaftlich meist die Schwächeren seien, seien sie oft Gewalt ausgesetzt, so das Fazit von Rita Krieger.

In Afrika sei die Frau oft allein zuständig für Kinder, Haushalt und Verpflegung, sie müsse sogar einen Großteil des Haushaltgeldes besorgen. In Burkina Faso in Westafrika, wo Rita Krieger kürzlich war, hätten Mädchen einen niedrigen Gesellschaftsstatus: Eine Schulausbildung halten ihrer Auskunft nach viele Eltern auf dem Land nicht für notwendig. da das Mädchen ja sowieso heiratet. Schwester Emma Serrano arbeitet in Bolivien, versorgt und hilft Frauen auf dem Land: Noch immer sei es auf dem Land nicht normal, dass Mädchen die Schule oder Universität besuchten oder aufgeklärt würden. Schwester Serrano schilderte: "Die Männer haben ein absolutes Machogehabe, eine richtige bolivianische Frau muss zu ihrem Mann stehen und ihn verteidigen, egal was er macht." Ähnliches berichtete Rita Krieger aus Burkina Faso. "Dennoch ist es faszinierend, welche Schönheit und Würde die Frauen dort haben und mit welcher Gastfreundlichkeit sie Fremde aufnehmen."

Die Kindersterblichkeit liegt in diesem Land bei 25 Prozent, das Land zählt zu den fünf ärmsten der Welt. Grund genug für den Solidaritätskreis, seit Jahren mit Projekten zu helfen.

Als dritte Referentin berichtete Mbrouka Gadouche über die Lebensumstände von Frauen in Algerien, wo der Islam in einer extremen Form ausgeprägt sei. Durch das neue Familienrecht von 1984 seien die Frauen sehr in ihren Rechten eingeschränkt. Das zeige sich unter anderem darin, dass ein Mann seine Frau ohne weiteres verstoßen könne, eine Frau aber nur mit erheblichen behördlichen Aufwand ihren Mann verlassen kann.

Neben Diskussionen sorgten Trommelmusik der Gruppe Tom Häuser aus Gerolstein und orientalische Spezialitäten für Kurzweil. An einer Tafel mit türkischen und jordanischen Speisen ließen die Teilnehmerinnen den Nachmittag noch einmal Revue passieren und zogen ein Resümee. Evi Linnerth: "Solidarität damit hoffentlich in Zukunft Menschenrechte zu Frauenrechten werden - und zwar weltweit."

Trierischer Volksfreund, 29. 11. 2000


 

Theater

 

DAUN. Ein Stück über Jugendliche und für Jugendliche präsentierte die Landesbühne Sachsen-Anhalt mit dem Theaterstück "Eins auf die Fresse". Was sich im Titel reßerisch und provozierend anhört, war ein Rollenspiel, das die Zerrissenheit, Unsicherheit und die oberflächliche Welt der Jugend in der heutigen Gesellschaft darstellte. Fast 400 Jugendliche sahen das beeindruckende Theaterstück an den zwei Auffahrungstagen.

HG/Foto: Helmut Gassen

Trierischer Volksfreund,
29. 11. 2000

 


 

Neuer Name, breitere Basis

Aktionskreis gegen rechte Gewalt zieht Bilanz

Von unserem Redakteur ROLAND GRÜN

GEROLSTEIN. Viele haben sich von den Ideen des Aktionskreises gegen rechte Gewalt anstecken lassen, lautet die positive Bilanz der Initiatoren.

"Ich denke schon, dass wir zum Nachdenken angeregt haben", sinniert Klaus Heller, als er die Bilanz zur großen Veranstaltungsreihe des Aktionskreises gegen rechte Gewalt im November zieht.

Er und seine Mitstreiter sind sich einig, dass besonders die Aktionen zum 9. November in Gerolstein viele Menschen mobilisiert haben, um rechten Umtrieben die Stirn zu bieten und der Opfer rechter Gewalt in jüngster Zeit zu gedenken.

So waren unter anderem Plakate mit den Namen von Opfern angefertigt worden. Die hätten sich dann viele zur Demonstration spontan umgehängt. Diese Idee habe das Ganze zudem personalisiert "und aus der Vergangenheit herausgeholt", wie Aktionskreismitglied Richard Mayer feststellte.

Viele Jugendliche engagierten sich

Erfreut jedenfalls sind die Organisatoren darüber, dass "der Kreis der Ursprünglichen deutlich ausgeweitet wurde", und vor allem viele Jugendliche für die Sache mobilisiert worden sind.

Für Vorhaben in der Zukunft will der Aktionskreis allerdings die Öffentlichkeitsarbeit noch verbessern. Dieses Mal war die Werbung für die Veranstaltungen den einzelnen Gruppen überlassen, aber die Leute vom Aktionskreis sind sich einig, dass dies in Zukunft auf eine breitere Basis gestellt werden soll. Dazu benötigt der Aktionskreis aber Spenden, um beispielsweise Plakate drucken zu lassen.

E-Mail hat sich bewährt

Positiv fiel dieses Mal ins Gewicht, dass sich die Organisatoren moderner Kommunikationstechniken bedienten. "Wenn wir die ganzen Informationen, die wir per E-Mail verteilt haben, mit der Post hätten verschicken müssen, wäre es erheblich teurer geworden", sagt Heller.

Überlegt wird für die Zukunft auch, den Begriff "gegen rechte Gewalt" zu ändern. "Wir haben darunter ja auch verbale Gewalt verstanden, aber die Frage ist, ob das auch so rüberkommt."

"Wenn man den Begriff schon ändert, dann sollte man sagen, dass man ,für' etwas ist", meint Mitinitiator Karl-Wilhelm Koch und schlägt vor, das Ganze beispielsweise in "Solidarität mit anderen" umzubenennen. "Denn genau gegen das Anderssein, sind die Rechten", sagt Koch.

Jedenfalls will sich der Aktionskreis nicht auf dem Erfolg seiner Veranstaltungsreihe ausruhen, sondern auch für das kommende Jahr weitere Ideen entwickeln, vom Straßentheater über Konzerte bis hin zu einem möglichen "Fest der Nationen".

Trierischer Volksfreund, 15. 11. 2000